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Albrecht Raff - Erinnerung

09.Juni 1936 - 24. April 2024


von Sylvia Pleger, Pfrin. i.R.


Albrecht Raff begegnete mir zum ersten Mal auf einer Kreissynode Anfang der 90erJahre. Er kam auf mich zu, weil ich neu war. Als er meinen Namen hörte, lächelte er verschmitzt: „Ich kenne Ihren Mann!“ Ich erwiderte: „Das würde mich wundern!“ Er hatte sofort Verbindungen gezogen, tatsächlich war es mein Schwager. So lernte ich ihn kennen, wie viele von euch wohl auch: er ging auf Leute zu, die in seinem Umfeld neu waren und holte sie ins Boot. Das tat er auch als ich fast 20 Jahre später Pfarrerin an der Johanneskirche wurde. Schnell lernte ich ihn als beharrlich-eine-Sache-verfolgend kennen. Das konnte man so und so sehen: Dass der neu zu verlegende Abwasserkanal über Monate Thema in unseren Ausschusssitzungen war, verlockte mich Grünschnabel zu der leicht spöttischen Bemerkung: „Ich habe fast den Eindruck, dass es sich hier um einen Blaumilchkanal handelt!“ (Sie wissen schon: der nur in der Fantasie eines Einzelnen besteht - nachzulesen bei Ephraim Kishon!) Albrecht Raff nahm es mir aber nicht krumm, sondern erklärte mir die Zusammenhänge, ohne vergrätzt zu sein. Als ich das verstanden hatte, tat mir meine Bemerkung sehr leid. Doch Albrecht blieb gelassen und verschmitzt.





So kennen ihn wohl viele. Er war der technisch versierte, er konnte an der Sache bleiben, auch ein wenig sich verbeißen, beharrlich und freundlich… nur gelegentlich konnte er auch wütend sein und musste sich aufregen. Da war die Frau an seiner Seite gefordert, die ihn einerseits verstand, aber auch gelegentlich als Korrektiv einschritt und ihn mahnte, sich hier und dort mal einen Schritt zurück zu nehmen – vielleicht gar zu entschuldigen. Das tat er dann auch. Ich nenne das innere Größe.

Trotz aller Fragen und Zweifel sah er seinem Tod gelassen entgegen, vor dem hatte er keine Angst. Er war schon früh mit dem Tod konfrontiert worden: seine Mutter starb mit 27 Jahren als er zweieinhalb und der Bruder Dieter gut eineinhalb Jahre alt war. Der Vater – nun alleine mit den Jungen - fiel 1941 in Russland, so dass die beiden dann ganz bei den Großeltern in Schwenningen aufwuchsen.

Ein Leben zwischen Bahnhof – der Opa war Bahnhofsvorsteher - und frommem schwäbischen Pietismus – er musste sonntags „Zur Stund´!“ (Bibelstunde für die Kinder) das hat ihn biblisch geprägt.

Albrecht Raff, ehem. Presbyter Alt-Krefeld



Ich fand immer bemerkenswert,

dass er zwar im besten Sinne fromm war, aber nie dogmatisch oder biblizistisch! Er war ein kluger, frommer und gleichzeitig lernender! Fragensteller. Manches Mal sagte er: „Es ist ja nicht wichtig, wie es genau war, sondern was draus geworden ist!“ und damit hat er sehr recht! Das galt auch für sein Leben.

Nach dem Gymnasium machte er eine Lehre als Elektromechaniker und ging zu Siemens nach München, studierte dann noch und wurde Wirtschafts-Ingenieur. Damit standen ganz andere Berufswege zur Verfügung. So kam er nach Krefeld, wo er bei Philips in Linn eine Stelle - und seine große Liebe fand.

Es gehörte auch persönliche Größe dazu, nicht immer auf das zu starren, was nicht ist, sondern das zu genießen, was sich stattdessen entwickelt! Auch das ist ein Lebenswerk! Gerne reiste er und nahm auch an den Bildungsreisen der Gemeinde nach Israel, Ägypten, Malta und Türkei teil.

Seine Sportlichkeit stellte er im Badminton zur Verfügung. Seine größte persönliche Krise kam, als die Familie gerade das Haus gekauft hatte und er plötzlich eine neue Stelle suchen musste.

Und wie es manchmal so ist – das finden wir auch im Glauben so – dann, wenn man denkt, nun bricht alles zusammen, beginnt ein Neuanfang, der alles Bisherige toppt. Albrecht Raff fand eine Stelle beim VDI und blieb dort bis zu seinem Ruhestand 1999.

Von nun an brachte er sich noch mehr als Presbyter ein, war im Kreissynodalvorstand, Landessynodaler, Kirchmeister. Das Glasdach am Gemeindehaus ist durch seinen Langmut realisiert worden.

Manchmal war er auch ein Ungeduldiger, aber immer ein Versöhnungsbereiter, weil er nicht nachtragend war. Auch das hatte gelernt. Er war ein eifriger Skatspieler, bei den Üfüfüs, im Bibelgesprächskreis … und an vielen anderen Stellen brachte er sich ein. So habe nicht nur ich ihn erleben dürfen.

Nur bisweilen konnte und musste man sich an ihm reiben, aber wir wissen aus der Physik, dass Reibung auch Wärme erzeugen kann, wenn das richtige Maß da ist!


Nun steht er vor seinem und unserem Schöpfer.

Der ihn und uns in all unseren Höhen und Tiefen erkennt und nie jemanden fallen lässt, der ihn sucht! In seinen Händen glauben wir ihn geborgen.

Am 3. Mai haben wir die Feier seines Lebens in der Johanneskirche gestaltet.


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